Forschungsschwerpunkte der Arbeitsgruppe Molekularpathologie
Aktuell laufende Projekte mit extramuraler Drittmittelförderung
Ausgelaufene Projekte mit extramuraler Förderung
Das humane Bocavirus als möglicher Auslöser der idiopathischen Lungenfibrose
Förderung durch die interne Forschungsförderung der Universität Witten/Herdecke und die Beatrix-Lichtken-Stiftung
Das den Parvoviren zugeordnete humane Bocavirus (HBoV) gehört zu den weltweit am häufigsten nachgewiesenen Atemwegsviren. Im Rahmen unserer Routinediagnostik identifizierten wir Patienten mit idiopathischer pulmonaler Fibrose (IPF) bei denen lediglich HBoV als Atemwegspathogen, mit einer möglichen äthiopathogenetischen Bedeutung hinsichtlich einer IPF, nachgewiesen wurde.
Die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) ist definiert als besondere Form einer chronischen progredient verlaufenden, fibrosierenden, interstitiellen Pneumonie mit bislang unbekannter Ursache, die primär bei älteren Erwachsenen auftritt. Diese schwerwiegende Erkrankung, deren Verlauf sowohl durch seine chronische Progredienz als auch durch Akut-Exazerbationen gekennzeichnet ist führt in der Regel zum Tod des Patienten. Diagnostische Fallstricke und unzureichende Therapiemöglichkeiten erschweren eine flächendeckend optimale Behandlung, zumal erst seit kurzer Zeit eine spezifische medikamentöse Therapie mit Pirfenidon zur Verfügung steht um den Lungenfunktionsverlust abzumildern.
Unsere klinischen Beobachtungen, dass das humane Bocavirus bei Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose in vivo und post mortem als einziges kausales Pathogen nachgewiesen wurde, lassen den Schluss zu, dass das Virus direkt oder indirekt die Entstehung der Lungenfibrose induziert oder unterstützt, zumal bislang weder die Genese der IPF noch die Wirkungsweise der antifibrotischen Medikation vollständig verstanden ist.
Daraus ergibt sich die Fragstellung, welche molekularen Prozesse nach Induktion der profibrotischen Zytokinexpression infolge der Bocavirus-Infektion induziert werden, und ob die Intervention mit Virostatika und/oder antifibrotisch wirkenden Substanzen den Prozess der Fibrosierung zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Infektion aufhalten kann.
Das humane Bocavirus: Pathogen oder blinder Passagier bei Atemwegserkrankungen?
Förderung durch die Else-Kröner-Stiftung, ausgezeichnet mit dem Rudolf-Schülke-Preis 2013
Ziel des Projekts ist die weiterführende biologische Charakterisierung des neu entdeckten humanen Bocavirus. Zu diesem Zweck sollen Bronchoalveoläre Lavagen (BALs) auf das intra- und extrazelluläre Vorkommen von HBoV getestet werden. Weiterhin soll eine Identifizierung der an einer HBoV-Infektion beteiligten Immunzellen (z.B. B-Zellen, T-Zellen, T-Helferzellen, natürliche Killerzellen) durchgeführt werden. Im Anschluss an die Identifizierung sollen diese Zellen kultiviert werden und darauf geprüft werden, ob sie sich als Modell für die HBoV-Kultivierung eignen. Im Zuge der Untersuchungen soll außerdem überprüft werden, welche Krankheitsbilder mit einer HBoV-Infektion direkt in Verbindung gebracht werden können. Dabei soll auch der Bezug zu bisher noch nicht mit einer HBoV-Infektion in Zusammenhang gebrachten Lungenerkrankungen (Lungenkrebs, Lungensarkoidose) näher beleuchtet werden.
Von Vorteil für das Projekt ist dabei einerseits der mögliche Zugriff auf große Mengen von BALs (bis zu 1200 BAL/Jahr), sowie die Etablierung eines ersten Zellkulturmodells zur HBoV-Infektion in Zusammenarbeit mit einem Partnerlabor aus einem von uns koordinierten EU-Projekts.
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Culturing the unculturable: Etablierung eines Protikolls zur produktiven Anzucht und Passage von Pneumocystis jirovecii
ausgezeichnet mit dem Wolfgang-Stille-Preis der P.E.G. 2014 und dem Publikationspreis der Deutsch-sprachigen Mykologischen Gesellschaft 2014
Der Pilz Pneumocystis jirovecii ist ein opportunistisches Pathogen, das vor allem bei bei AIDS-Patienten und sonstigen Immunsupprimierten Personen eine schwere, meist lebensbedrohliche Pneumonie mit einer hohen Mortalitätsrate auslösen kann.
Obwohl P. jirovecii seit nunmehr 105 Jahren als Pathogen bekannt ist, konnte der Pilz bislang nicht produktiv angezüchtet oder gar passagiert werden. Dadurch ist einerseits die Diagnostik auf molekulare Verfahren wie die PCR, unspezifische Methoden wie die Grocott-Färbung oder schlecht quantifizierbare und wenig sensitive, wenn auch spezifische, Immunfluoreszenzverfahren beschränkt, andererseits kann keine gezielte Therapie- oder Vakzin-Entwicklung erfolgen.
Die zum Preiswettbewerb eingereichte Arbeit unserer Gruppe befasst sich mit neuartigen Zellkulturmodellen zur Kultivierung von P. jirovecii, einem opportunistischen Pathogen bei AIDS-Patienten, das bis dato als schwer bzw. völlig unkultivierbar galt. Mittels eines pseudostratifizierten Air-Liquid-Interface Atemwegsepithel-Zellkulturmodells gelang es uns erstmals, ein wesentliches Problem der Pneumologie, Mikrobiologie und Infektiologie zu lösen. Mithilfe dieses als CuFi-8 Modell bezeichneten Systems haben wir es geschafft, den bislang als nicht kultivierbar geltenden Pilz Pneumocystis jirovecii zu isolieren, in Kultur zu vermehren, und erfolgreich zu passagieren und erneut zu vermehren.
In mehreren unabhängigen Versuchsreihen konnten wir Wachstum um mehrere log-Stufen beobachten, welches sich nach Passage in neu inokulierten CuFi-8 Zellen fortsetzte, wobei das Inokulum aus P. jirovecii infizierten CuFi-8 Zellen in verdünnter Suspension bestand. Versuche mit kommerziell erhältlichen Atemwegsepithelzellkulturen (EpiAirway Zellen der Firma Mattek Inc., USA) bestätigten die Beobachtungen im CuFi-8 Modell (Schildgen et al., mBio, 2014). Das Wachstum von P. jirovecii konnte dabei mit mehreren, kommerziell erhältlichen und überwiegend als IVD zugelassenen CE markierten Assays bestätigt werden.
Die beigefügte Arbeit zeigt, dass, im Gegensatz zu früheren Arbeiten, in denen P. jirovecii mit Zellkulturen ko-kultiviert wurde, im CuFi-8 Modell erstmals eine nennenswerte Vermehrung um mehrere log-Stufen erfolgte. Da der Erreger seit über einem Jahrhundert bekannt ist, bislang aber nicht kultiviert werden konnte, stellt diese Arbeit einen grundlegenden Durchbruch auf dem Gebiet der Mikrobiologie dar. Die Tatsache, dass, wie von uns beschrieben, auch kommerziell erhältlichen Zellkulturen mit P. jirovecii produktiv infiziert werden können, eröffnet dem gesamten Fachgebiet eine deutliche Verbesserung der kulturellen Diagnostik des Pilzes sowie die Entwicklung spezifischer Therapeutika und Vakzine.
In Anbetracht der Tatsache, dass ein Kultursystem zur Erregeranzucht in der Mikrobiologie und Virologie immer noch ein Goldstandard ist, da ausschließlich diese Methodik die Information liefert, dass ein vermehrungsfähiges und somit infektiöses Pathogen vorliegt, eröffnet die vorgelegte Arbeit erstmals die Möglichkeit, zahlreiche Probleme im Zusammenhang mit Pneumocystis jirovecii Infektionen zu bearbeiten. Neben der Generierung eines monoklonalen P. jirovecii Stammes ist die Optimierung der bislang gewonnenen Daten zur P. jirovecii Genomik anhand vereinzelter, klonaler P. jirovecii Stämme möglich. Dies bildet in Zukunft die Grundlage für die Identifizierung neuer Drug-Targets und erlaubt die Entwicklung spezifischer Therapeutika. Ebenfalls ist durch das vorgestellte System erstmal die Tenazitätstestung des Pilzes möglich, es können also Daten zur Umweltstabilität (auch auf medizinischen Geräten) und Empfindlichkeit gegenüber Desinfektionsmitteln erhoben werden. Darüber hinaus zeigt die vorliegende Arbeit erstmals, dass die standardmäßig zur Quantifizierung eingesetzte qPCR gegen die mitochondriale Untereinheit von P. jirovecii mit der Quantifizierung nukleär kodierter Gene korreliert. Ein Anstieg der mitochondrialen Genomkopien kann also, wie wir erstmals systematisch zeigen, tatsächlich als Parameter für das Wachstum bzw. den Anstieg infektiöser P. jirovecii Partikel herangezogen werden. Die vorgelegte Arbeit ist in einem renommierten ASM-Journal (mBio) im open access Verfahren publiziert und ist vor allem für die zukünftige Versorgung von Patienten mit opportunistischer P. jirovecii Infektion als bahnbrechend anzusehen
Entwicklung einer automatisierten FISH-Multiplex Companion Diagnostics-Plattform zur personalisierten, Kosteneffizienz-steigernden Therapieentscheidung beim Non-Small-Cell-Lung-Cancer (NSCLC) unter besonderer Berücksichtigung der ALK und ROS Translokation
Projektbetreuung durch die Universität Witten/Herdecke
Mit einer Inzidenz von 68 neuen Fällen pro 100.000 Einwohnern und Jahr werden pro Jahr in Europa etwa 350.000 neue Fälle des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (non-small-cell lung cancer, NSCLC) in Europa diagnostiziert, von denen etwa 10% suszeptibel für eine Therapie mit neuartigen Inhibitoren der „Anaplastic lymphoma Kinase“ (ALK) sind.
Mit der Zulassung von Crizotinib als ALK-Inhibitor wurde die Anwendung simultan zugelassener Companion Diagnostic Assays bindend für die Initiierung der Therapie. Die seit Zulassung auf dem Markt befindlichen diagnostischen Assays sind jedoch nicht in der Lage, die verschiedenen Formen der ALK-Mutationen zu differenzieren, so dass eine Therapie-prädiktive Komponente fehlt, und führen trotz sorgfältiger Anwendung wie in der oben beschriebenen deutschen Studie zu einer inakzeptabel hohen Rate von Fehldiagnosen.
Die Voraussetzung für die Therapie des ALK-positiven NSCLC ist die vorangehende Testung auf Mutationen vom Translokationstyp des ALK-Gens, welches nach Doppelstrangbruch und Translokation Fusionsgene mit bis zu 21 verschiedenen Genen bilden kann, wobei die häufigsten Fusionen beim NSCLC mit den Genen EML4, KIF5B und TFG erfolgen. Eine weitere, jüngst beschriebene Indikation ist die Translokation des ROS-Gens, da bei ROS-positivem NSCLC die Crizotinib-Verabreichung ebenfalls einen Heilungserfolg verspricht bzw. die Tumorprogression reduziert.
Die aktuell verfügbaren Diagnostika zum Nachweis der ALK Translokation basieren überwiegend auf dem FISH-Verfahren. Die ALK-Positivität ist gegeben, wenn getrennte rote und grüne Signale für die Regionen des ALK-Gens beobachtet werden, die im nichtmutierten Zustand in unmittelbarer Nachbarschaft liegen und zu einem gemeinsamen gelben Signal verschmelzen. Werden die Assays nach Hersteller-Angaben IVD-konform abgearbeitet, steht die IVD-konforme Diagnostik im Widerspruch zu den, auch in Ringversuchen angelegten, Kriterien der ALK Diagnostik, die von der Gesellschaft für Pathologie gefordert werden. Während bei IVD-konformer Abarbeitung ein getrenntes Signal vorliegt, wenn das rote und grüne Signal mindestens zwei Signaldurchmesser voneinander entfernt sind, wird diese Entfernung lt. der Ringversuchsdurchführung und Empfehlung der Fachgesellschaft auf einen Signaldurchmesser verkürzt. Diese Diskrepanz führt zu einer bislang nicht überschaubaren Rate von Fehldiagnosen im Sinne der IVD-Konformität, da bislang keine Anpassung der IVD-Anleitung der verfügbaren Teste erfolgte. Ebenso ist aus unserer Sicht eine flächendeckende Versorgung mit validierten diagnostischen Verfahren aufgrund dieses Konflikts nicht mehr gewährleistet.
Hinzu kommt, dass die verfügbaren IVD-Verfahren zum ALK-Translokationsnachweis keinerlei verlässliche, prädiktive Bedeutung haben. Die Vielzahl der möglichen ALK-Translokationen – alleine von der EML4-ALK-Fusion gibt es 15 beschriebene Varianten – könnte unterschiedlich auf die Therapie reagieren: Das durchschnittliche progressionsfreie Überleben beträgt 4 Monate nach Therapiebeginn, allerdings reicht die Bandbreite vom Therapieversagen bis hin zur Komplettremission, wobei unklar ist, welche Fusionsvarianten wie auf die Therapie reagieren. Des Weiteren unterscheiden die aktuell verfügbaren Assays nicht zwischen den drei Hauptfusionspartnern von ALK beim NSCLC, d.h. es bleibt unklar, ob es sich um KIF5B-ALK, EML4-ALK oder TFG-ALK handelt. Der weitere, für die Therapie relevante Parameter, das ROS-1 Gen, muss darüber hinaus in einem separaten Test analysiert werden.
Aus den oben angeführten Problemen lässt sich die Zielstellung ableiten, einen standardisierbaren Multiplex-Assay auf Basis des aktuellen „Goldstandards“ -der FISH-Technik- abzuleiten. Ziel des Projekts ist daher die Entwicklung eines neuen Tests, der den Nachweis einer ALK-Translokation simultan mit einer ROS-Translokation ermöglicht und zeitgleich als Minimalanforderung die Identifizierung Hauptfusionspartner beim NSCLC, also EML-4, KIF5B und TFG beinhaltet.
Literatur
1: Laffert et al., Lung Cancer 81, 200 (2013); 2: Li et al., J Thorac Oncol 9, 18 (2014); 3: Maus et al., Int J Biomed Sci 8, 1 (2012); 4: To et al., J Thorac Oncol 8, 883 (2013); 5: Sundstrom et al., BMC Cancer 10, 660 (2010); 6: Botling et al., Clin Cancer Res 19, 194 (2013); 7: Micke et al., J Thorac Oncol 6, 1833 (2011); 8: Schildgen, et al.,Personalized Medicine 9, 801 (2012). 9: Schumacher et al., Lab Chip 12, 464 (2012); 10: Stech et al., Adv Biochem Engin / Biotechnol 137, 67 (2013); 11: De Figueiredo-Pontes et al., J Thorac Oncol 9, 248 (2014); 12: Martelli et al., Am J Pathol 174, 661 (2009)
Kooperationspartner
Dr. Piere Rogalla, ZytoVision, Bremerhaven
Dr. Christina Fritz, Medipan, Dahlewitz
gefördert durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand des BMWI, Förderkennzeichen 16KN041830
Abgeschlossene Projekte
Hepatitis B Therapie: Optimierung durch phänotypische Evaluation (HOPE)
Förderung durch das BMBF im F&E-Unterauftrag
Ziel des Projekts ist die Validierung des Resistenzprofils der RT-Polymerase des humanen Hepatitis B Virus als integraler Biomarker. Hierzu soll basierend auf klinischen Daten und phänotypischen Resistenzdaten ein Interpretationssystem entwickelt werden, das eine Bewertung und zeitnahe Anpassung der antiviralen Therapie erlaubt. Die Interpretation erfolgt mittels eines „ machine learning“ Algorithmus, der auf einer Gewichtung der klinischen Relevanz (THEOHBV) und der phänotypischen Resistenz von HBV-Varianten gegenüber antiviralen Medikamenten (Geno2PhenoHBV) basiert.
Trotz eines gut verträglichen und effizienten Impfstoffs stellt die chronische HBV Infektion mit weltweit mehr als 350 Millionen Infizierten und deutschlandweit etwa 500.000 bis 600.000 Patienten ein wichtiges medizinisches Problem mit erheblichen ökonomischen Auswirkungen dar; um Folgeerkrankungen wie eine Leber-Zirrhose oder ein hepatozelluläres Karzinom zu vermeiden, benötigen zahlreiche Hepatitis B Patienten eine langfristige antivirale Therapie.
Die zunehmende Zahl verfügbarer Substanzen führt gleichzeitig aber auch zu einer höheren Resistenzrate gegenüber diesen Substanzen und einem Anstieg der Kreuzresistenzen, ein Phänomen, das aus der HIV Therapie schon seit Längerem bekannt ist. Eine effiziente Therapieüberwachung, basierend auf der Überwachung des Resistenzprofils der viralen Polymerase, wird bislang nur im Rahmen von Studien durchgeführt, könnte aber die anfallenden Kosten deutlich reduzieren.
Ziel des Projekts ist es, das Resistenzprofils der RT-Polymerase des humanen Hepatitis B Virus als integralen Biomarker zu validieren und in einem kommerziellen Assay (TruGene™ ) der Fa. Siemens Healthcare Molecular Diagnostics zu implementieren, das eine valide Bewertung und zeitnahe Anpassung einer antiviralen Therapie anhand genotypischer Resistenzdaten (Sequenzierung) erlaubt.
Das neu entwickelte System lernt an 200 Proben und wird dann an mindestens 300 unabhängigen Proben validiert. Dieses Vorgehen ermöglicht (bei einer phänotypischen Resistenz in ≥ 50 % der Fälle) die Implementierung des Systems mit einer diagnostischen Sensitivität von 90 % (p < 0,05). Hierdurch wird es möglich sein, zusammen mit unserem Industrie-Partner ein optimiertes und kostengünstiges Produkt zum Therapiemonitoring der chronischen HBV Infektion anzubieten.
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Das humane Bocavirus: Aufklärung der terminalen Genomstruktur und Etablierung von Replikationsmodellen
Förderung durch die Deutsche Lungenstiftung; Ausgezeichnet mit dem Forschungsförderpreis der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie 2009, dem Preis für klinische Virologie der Deutschen Gesellschaft für Virologie, dem Meteka Preis für Krankenhaus- und Betriebshygiene der Österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Prävention 2010, dem Abbott Diagnostic Award der European Society for Clinical Virology 2010, und dem Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene 2010
Bislang ist aus der Familie der Parvoviridae lediglich das Parvovirus B19 als humanpathogenes Virus bekannt. Allander und Mitarbeiter beschrieben 2005 erstmals ein weiteres potentiell pathogenes Parvovirus, das humane Bocavirus (hBoV). Sie analysierten nasopharyngale Aspirate (NPA) eines pädiatrischen Patientenkollektives und konnten in 17 Proben (3.1 %) hBoV nachweisen. Bei drei dieser Patienten wurden Ko-Infektionen mit anderen respiratorischen Viren gefunden, während bei 14 Patienten kein Ko-Pathogen gefunden wurde.
HBoV ist weltweit verbreitet, die Prävalenz der hBoV Infektion d.h. der Genomnachweis in respiratorischen Sekreten bei symptomatischen Patienten liegt bei 1.5 % bis 19 %. Virale Ko-Infektionen werden mit einer Prävalenz von 5 – 80 % beschrieben.
Die Klassifikation und Namensgebung des HBoV erfolgte nach Sequenzvergleichen mit den bovinen Parvoviren und dem canine minute virus. Parvoviren sind hüllenlose Viren mit einem isometrischen Nukleokapsid, dass die einzelsträngige DNA mit ca. 4000- 6000 Nukleotiden umhüllt. Die gesamte Genomsequenz des hBoV ist bisher nicht bekannt. Bisher konnten 5.299 Nukleotide identifiziert werden. Das Genom umfasst drei open reading frames (ORF), zwei für die nicht-strukturellen Proteine NS1 und NP-1. Das dritte ORF kodiert für zwei virale Kapsidproteine VP1 und VP2, wobei die Sequenz für VP2 innerhalb der von VP1 liegt.
Die Funktion des hBoV NS1-Proteins ist nicht genau bekannt, könnte aber wie bei anderen Parvoviren an der Bindung und Hydrolyse der Nukleosidtriphospate beteiligt sein sowie über Helicase Aktivität. NP-1 wird bei anderen Parvoviren nicht gefunden und seine Funktion bei einer hBoV-Infektion ist nicht bekannt.
In unserem eigenen Patientenkollektiv konnten wir bei 11 (2.8 %) von 389 untersuchten NPA hBoV DNA nachweisen. Bei vier (36.4%) dieser 11 Patienten wurden Ko-Infektionen mit anderen Viren gefunden. Das klinische Spektrum umfasst Husten, Rhinorrhoe, Fieber sowie bei bis zu 20 % der Patienten gastrointestinale Symptome. Von unseren Patienten wiesen vier Patienten eine obstruktive Bronchitis, ein Patient Pseudokrupp und sechs Patienten eine radiologisch nachgewiesene Pneumonie auf. Bei fünf dieser sechs Patienten mit Pneumonie wurde als einziges Pathogen hBoV nachgewiesen.
Die meisten Kinder mit hBoV Nachweis sind jünger als 24 Monate, während in der erwachsenen Population hBoV bisher nur selten nachgewiesen wurde. Berichte von hBoV Infektionen bei immunkompromitierten Kindern und Erwachsenen existieren für Patienten nach Organtransplantation, bei HIV-Infizierten und Malignomen.
Ein Tiermodell zur hBoV Infektion konnte bisher nicht etabliert werden, allerdings ist es uns zusammen mit niederländischen Kollegen weltweit erstmals gelungen, ein hBoV replizierendes Zellkultursystem zu etablieren (Dijkamn et al., 2009). Somit sind die modifizierten Koch´schen Postulate bisher nur eingeschränkt auf die hBoV Infektion anwendbar.
Wahrscheinlich ist, das auch HBoV die für andere Parvoviren typischen so genannten ‚hairpin’ Strukturen ebenfalls besitzt, allerdings steht der experimentelle Beweis für diese Annahme noch aus. Welche Sequenz und Struktur die postulierten „hairpin-loops“ des HBoV haben, die das Genom an den terminalen 5´- und 3´- Ende flankieren, untersuchen wir zurzeit.
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Seite zuletzt aktualisiert am 10/13/2017