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Medikamenten-induzierte Kopfschmerzen

Hierbei handelt es sich um Kopfschmerzen, die nach längerer (mind. 3 Monate, meist jedoch jahrelanger), regelmäßiger Einnahme (je nach Substanz mind. 12-15 Einzeldosen pro Monat) von Medikamenten, insbesondere Kopfschmerzmitteln, auftreten. Epidemiologische Untersuchungen in europäischen, nordamerikanischen und asiatischen Ländern zeigen einheitlich, dass ca. 3-4 % der allgemeinen Bevölkerung unter chronischen Kopfschmerzen, und hiervon wiederum ein gutes Drittel unter Medikamenten-induzierten Kopfschmerzen (MIKS) leiden. Das bedeutet, dass ca. 1% der allgemeinen Bevölkerung in den westlichen aber auch in den ‚ Dritte-Welt-Länder’ unter dieser Form von Kopfschmerzen leiden. MIKS sind damit wahrscheinlich die epidemiologisch am stärksten unterschätzte Kopfschmerzform überhaupt. Das Risiko aus einer langjährig bestehenden Migräne mit einer Prophylaxe-würdigen Attackenfrequenz ein MIKS zu entwickeln liegt nach jüngsten Erhebungen bei ca. 10% jährlich. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer.


Klinische Symptomatik des Medikamenten-induzierten Kopfschmerzes

Während die akut auftretenden Medikamenten-induzierten Kopfschmerzen (z.B. nach Gabe von Nitraten, Kalzium-Antagonisten wie Nifedipin, Theophyllin) häufig stechend-bohrend sind, sind die Medikamenten-induzierten Dauerkopfschmerzen, ähnlich dem Spannungskopfschmerz, von dumpf-drückenden holocraniellen Charakter, gelegentlich aber auch pulsierend. Bei modernen Triptanen und Ergotaminpräparaten kann die Symptomatik aber auch variieren und Migräne-ähnlich, also mehr einseitig pulsierend sein. Auch eine vorübergehende Zunahme der Migräne-Attackenfrequenz kann zunächst Ausdruck eines Medikamenten-induzierten Kopfschmerzes sein. Klassischerweise waren insbesondere Patienten betroffen, die nicht-verschreibungspflichtige Kombinationspräparate einnahmen (Codein- und Coffeinhaltige Mischpräparate) sowie Patienten mit Ergotaminenpräparaten.

Neuere Studien konnten klar belegen, dass auch die Gruppe der Triptane Medikamenten-induzierte Kopfschmerzen verursachen kann. Ferner können sich Dauerkopfschmerzen bei der regelmäßigen Einnahme folgenden Medikamentengruppen entwickeln: Antihistaminika, Antirheumatika, Barbiturate, Benzodiazepine, Glukokortikoide (beim Absetzen) und Herzglykoside.

Die Diagnose erfolgt durch eine ausführliche Medikamenten-Anamnese. Die Diagnose kann dann gestellt werden, wenn der Kopfschmerz seit mind. 3 Monaten besteht, an mind. 15 Tagen pro Monat auftritt und der Patient an mind. 15 Tage pro Monat Schmerzmedikamente einnimmt. Neben den sich entwickelnden Dauerkopfschmerzen sollte bei der Diagnose eines Medikamenten-induzierten Dauerkopfschmerzes auch an weitere möglicherweise vorliegende organische Schäden gedacht werden (15-20 % aller dialysepflichtigen Niereninsuffizienzen sind auf der Basis eines Analgetika-Abusus entstanden).

Pathophysiologie

Die genauen pathophysiologischen Mechanismen sind unklar. Neben einer Änderung der nozizeptiven Reizschwellen bzw. Schwellenänderung des schmerzleitenden Systems wird das fehlende bzw. gestörte Hoch-Regulieren der betroffenen Rezeptorengruppen diskutiert, die durch die chronische Exposition der Analgetika zunächst drastisch herunter reguliert werden. Interessanterweise entwickeln Patienten, die aus anderen Indikationen regelmäßig Schmerzmittel einnehmen müssen (z.B. Clusterpatienten oder Rheumatiker) diese Kopfschmerzform nicht. Demnach besteht möglicherweise eine spezifische Disposition bzw. gestörte Rezeptorphysiologie bei Patienten, die unter ideopathischen Kopfschmerzformen leiden.

Therapie

Die einzig sinnvolle Therapie des Medikamenten-induzierten Dauerkopfschmerzes ist der komplette Entzug von allen Substanzen, die eingenommen werden. Dieser Entzug sollte vorzugsweise unter stationären Bedingungen erfolgen, insbesondere dann, wenn ein langjähriger medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz mit Einnahme psychotroper Substanzen (Schlafmittel, Tranquilizer, Anxiolytika) oder regelmäßiger Einnahme von Migränemitteln, die Codein enthalten, besteht. Der Entzug dauert ca. 7 bis 10 Tage, die auftretenden Entzugsschmerzen können mit nicht-steroidalen Antirheumatika behandelt werden, wobei vegetative Symptome durch die Gabe von Betablockern oder Clonidin gemildert werden können. Ein ambulanter Medikamenten-Entzug kann versucht werden, wenn die Einnahme von analgetischen Mischpräparaten ohne gleichzeitige Einnahme von Barbituraten oder Tranquilizern erfolgte, der Patient motiviert und eine enge Anbindung an den behandelnden Arzt gewährleistet ist. Die Prophylaxe des Analgetika-induzierten Dauerkopfschmerzes beginnt bereits mit der kritischen Verschreibung der Schmerzmittel. Monosubstanzen und Medikamente ohne psychotrope Zusätze (Koffein, Kodein) sind vorzuziehen.