Nebenschilddrüse
Erkrankungen der Nebenschilddrüse
Entwicklungsgeschichte und Topographie
Nebenschilddrüsen findet man in allen Wirbeltieren von den Amphibien an aufwärts. Sie liegen üblicherweise nahe an der Hinterseite der Schilddrüse.
Die anatomische Lage der Nebenschilddrüsen ist sehr unterschiedlich, kaum ein anderes Organ im menschlichen Körper zeigt eine vergleichbare Variabilität. Verständlich wird diese Tatsache, wenn man sich über den embryonalen Ursprung der Nebenschilddrüsen informiert.
Die vier Nebenschilddrüsen entstehen aus dem dritten und vierten Kiemenbogen, sie werden während der frühen Embryonalentwicklung zusammen mit anderen Organen des Halses gebildet
Die beiden unteren Nebenschilddrüsen entwickeln sich aus dem dritten Kiemenbogen, aus dem auch die hinter dem Brustbein (Sternum) gelegenene Thymusdrüse entsteht, welche verantwortlich für die Ausbildung eines normalen Immunsystemes ist.
Die beiden oberen Nebenschilddrüsen entstehen aus dem vierten Kiemenbogen zusammen mit der Schilddrüse.
Normalerweise nehmen die großen Organe Schilddrüse und Thymusdrüse die kleinen Nebenschilddrüsenkörperchen quasi als Passagiere mit auf die Reise, wenn sie während der Embryonalentwicklung von den Kiemenbögen an ihre entgültige Lokalisation in den unteren Halsbereich beziehungsweise den Bereich der oberen Brustkorböffnung hinter dem Brustbein wandern.
Die beiden unteren Nebenschilddrüsen bleiben meistens im unteren Bereich des Halses hinter dem unteren Schilddrüsenpool stecken und schaffen es kaum einmal, zusammen mit der Thymusdrüse im Brustkorbanzukommen. Entsprechenderweise finden sich die beiden oberen Nebenschilddrüsen hinter dem mittleren Teil der Schilddrüse, manchmal auch etwas mehr zum oberen Pol hin gelegen. Also befinden sich normalerweise alle vier Nebenschilddrüsen im Bereich der Schilddrüsenrückseite neben der Luftröhre.
Aber die embryonale Nebenschilddrüsenwanderung funktioniert nicht immer nach Plan.
Es liegt an der Wanderung der Nebenschilddrüsen entlang des Halses während unserer Entwicklungsperiode in der Gebärmutter, dass sie später so schwierig aufzufinden sind. Gelegentlich entstehen die oberen Nebenschilddrüsen so eng zusammen mit der Schilddrüse, dass sie niemals von ihr abgetrennt werden. Unter solchen Umständen - etwa in einem Prozent der Fälle - kann eine obere Nebenschilddrüse sogar INNERHALB der Schilddrüse aufgefunden werden.
Wenn die Wanderung der unteren Nebenschilddrüsen misslingt, kann es sein, dass sie weit oben am Hals, einige Zentimeter über dem oberen Schilddrüsenpol, stecken bleiben. Dies kommt nur sehr selten vor. Eine häufigere Wanderungsvariable tritt in etwa einem Prozent der Fälle von Nebenschilddrüsenadenomen auf, wenn es der Nebenschilddrüse nicht gelingt, sich von der Thymusdrüse zu trennen. Dann läuft sie zusammen mit dem Thymus hinab in den Brustkorb, anstatt hinter oder direkt unterhalb dem unteren Schilddrüsenpol die Reise zu beenden. So kann man Nebenschilddrüsen direkt neben dem Herzen finden.
Menschliches Nebenschilddrüsengewebe ist bräunlich rot, Adenome (gutartige Vergrößerungen der Nebenschilddrüse mit erhöhter Aktivität = Hormonsekretion) sind eher senffarben. Die kleinen Drüsen können nur zwei an der Zahl sein, aber auch bis zu acht an jeder Schilddrüsenseite ausmachen.
Betrachtet man sie unter dem Mikroskop, bestehen sie aus eng zueinander angeordneten Epithelzellen, die durch dünne Bindegewebsschichten voneinander getrennt sind. Gelegentlich sind die Zellen in Kreisen mit einem offenen Zentrum "alveolär" angeordnet und bilden im Zentrum eine Kolloidsubstanz, eine Art Gelee.
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Funktion
Der einzige Sinn und Zweck der Nebenschilddrüsen ist die Kontrolle des Serumkaziumspiegels innerhalb eines relativ schmalen Normbereichs (4 bis 5,2 milliVal / Liter). Damit kontrollieren sie auch den Kalziumgehalt der Knochen, damit deren Stärke und Dichtigkeit. Obwohl die Nebenschilddrüsen ganz eng an der Schilddrüse liegen, haben Schilddrüsen eine völlig andere Funktion.
Die Schilddrüsen regulieren die Stoffwechselaktivität des Körpers, die Nebenschilddrüsen regulieren lediglich die Kalziumkonzentration und haben keinen Einfluss auf den sonstigen Stoffwechsel.
Kalzium ist das Element, welches die Muskulatur zur Kontraktion (zum Zusammenziehen) veranlasst. Ebenso sind Kalziumionen sehr wichtig für das geordnete Fließen des elektrischen Stromes entlang der Nervenbahnen.
Allein die Kenntnis dieser beiden Funktionen erklärt die erste Symptomatik einer beginnenden Hypokalziämie (wenn der Serumkalziumspiegel unter 4 mVal/l fällt): Kribbelgefühl in den Händen und Fingern, Krämpfe der Handmuskulatur (Tetanie).
Entsprechend fühlen sich Patienten mit zu hohem Kalziumspiegel ausgepowert, sie können schlecht schlafen, sie sind leichter irritierbar, haben Gedächtnisstörungen.
Selbst wenn 50 % der Patienten mit einer Nebenschilddrüsenüberfunktion und einem daraus folgenden hohen Serumkalziumspiegel sich gesund fühlen, werden 80 % von diesen nach einer Operation sagen, dass sie sich besser fühlen, als sei "ein Schalter betätigt worden und ihnen ein Licht aufgegangen".
Nebenschilddrüsen bilden Parathormon, welches einen normalen Kalziumspiegel im Blutserum aufrechterhält.
Normalerweise resultiert ein geringer Abfall der Kalziumionenkonzentration in den Körperflüssigkeiten in einer erhöhten Aktivität der Nebenschilddrüsen, wodurch die Kalziumkonzentrationen in den Körperflüssigkeiten erhöht wird, indem Kalzium aus dem Knochen mobilisiert (herausgelöst) wird.
Andererseits resultiert ein schon geringer Anstieg der Kalziumionenkonzentration in den Körperflüssigkeiten über den normalen Wert in einer verminderten Sekretion des Nebenschilddrüsenhormons aus den Drüsen oder in einem gänzlichen Stopp der Nebenschilddrüsenfunktion.
Weiterhin beeinflusst die innere Sekretion der Nebenschilddrüsen auch den Phosphatstoffwechsel.
Ein Überschuss des Nebenschilddrüsenhormons bewirkt einen Abfall der Phosphatkonzentration im Blutserum und eine erhöhte Ausscheidung von Phosphat im Urin.
Eine verminderte Nebenschilddrüsenfunktion führt zu einem Anstieg der Phosphatsekretion im Serum und einer erniedrigten Phosphatausscheidung im Urin.
Das Nebenschilddrüsenhormon scheint auch eine Rolle in der Regulation des Magnesiumspiegels zu spielen, indem es möglicherweise die Ausscheidung dieses Elektrolyts im Urin steigert.
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Schädigung der Nebenschilddrüse als Komplikation einer Schilddrüsenoperation
Die operative Entfernung der Schilddrüse wird in Vollnarkose durchgeführt. Wird der Eingriff von einem erfahrenen Chirurgen vorgenommen, ist das Risiko des Eingriffes sehr gering. Zwei Komplikationen, die vorkommen können, sind die Verletzung des/der Stimmbandnerven und die Schädigung der Funktion der Nebenschilddrüsen. Bei 1-2 von 100 Patienten, bei denen die gesamte Schilddrüse entfernt werden muss, kommt es zur Schädigung eines oder beider Stimmbandnerven und es entwickelt sich eine vorübergehende oder bleibende Heiserkeit.
Wegen der gemeinsamen Blutversorgung von Schilddrüse und Nebenschilddrüse durch die unteren und oberen Polarterien der Schilddrüse muss man die dargestellten Nebenschilddrüsen unter sorgfältigem Erhalt ihrer Durchblutung von der Schilddrüse abpräparieren.
Sollte die Blutversorgung der Nebenschilddrüsen bei diesem Operationsschritt beschädigt werden, so müssen die durchblutungsgestörten Nebenschilddrüsen in kleine Stückchen zerteilt und autotransplantiert werden (in die Hals- oder Unterarmmuskulatur). Die kleinen Gewebsanteile der Nebenschilddrüse finden dann im gut durchbluteten Muskelgewebe wieder Anschluss an die Durchblutung und können nach einiger Zeit ihre Funktion der Parathormonsekretion wieder aufnehmen. Der Operateur sollte im Operationsbericht die Lage der erhaltenen Nebenschilddrüsen sowie den möglichen Autotransplantationsort dokumentierten.
Die Verletzung oder Entfernung aller Nebenschilddrüsen führt zu einem erniedrigten Gehalt von Kalzium im Blut.
Das kann zu Gefühlsstörungen oder Kribbeln in Armen, Beinen und um den Mund herum oder auch zu Muskelkrämpfen führen. Glücklicherweise können diese Störungen des niedrigen Kalziumgehaltes im Blut durch die tägliche Einnahme Kalzium (nötigenfalls zusätzlich von Vitamin D) gut behandelt werden. Bevorzugt wird das langwirksame Vitamin D3 (Tagesbedarf 0,5 - 2,5 mg, in steigender Dosierung, d. h. 20.000 - 100.000 E). Alternativ hat sich Dihydrotachysterin (AT 10, DHT) in einer Dosierung von 0,25 - 1,5 mg bewährt. 1,25-Dihydroxy-Vitamin D, Calcitriol ist ca. 1.000fach potenter als Vitamin D, hat eine viel kürzere Halbwertzeit (1 - 2 Tage) und ist damit leichter steuerbar. Die hohen Kosten und die Möglichkeit starker Kalziumschwankungen erschweren die Therapie mit Calcitriol. Hauptsächlich verwendet man es beim tetanischen Syndrom beim akuten Auftreten des Hypoparathyreoidismus, z.B. nach einer Schilddrüsenoperation. Die Dosierung beträgt 0,25 - 0,5 µg. Kontrollen erfolgen in der Einstellungsphase kurzfristig (2 - 3 x/Woche), bei guter Einstellung alle 3 - 6 Monate. Das Therapieziel ist erreicht, wenn der Serumkalziumspiegel wieder den unteren Normbereich erreicht hat.
Patienten, bei denen die Schilddrüse zum größten Teil oder vollständig entfernt wurde, müssen durch die zusätzliche tägliche Einnahme von Schilddrüsenhormontabletten die Funktion der Schilddrüse ersetzen.
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Gutartige überaktive Nebenschilddrüsengeschwulst
= Nebenschilddrüsenadenom, Nebenschildrüsenhyperplasie
= primärer Hyperparathyreoidismus
Definition, Häufigkeit:
Eine Ursache oder ein Auslöser der plötzlichen Vergrößerung meist nur einer Nebenschilddrüse ist bei dieser Erkrankung nicht bekannt.
Neben der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) und der Schilddüsenüber- oder Unterfunktion ist diese überaktive vermehrt Parathormon absondernde Nebenschilddrüsengeschwulst (-adenom) die dritthäufigste Erkrankung des endokrinen Systems.
Der primäre Hyperparathyreoidismus tritt vorwiegend im 5. und 6. Lebensjahrzehnt auf. Erkrankungsfälle vor dem 20. Lebensjahr sind selten, Frauen sind häufiger als Männer betroffen. Die Erkrankungshäufigkeit, durch routinemäßige Bestimmung von Serumkalzium festgestellt, liegt bei 0,1 bis 0,5 %. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ist mit einem jährlichen Neuauftreten von 30 Erkrankungsfällen pro 100 000 Einwohnern zu rechnen. Nach dem erhöhten Blutserumkalziumspiegel, der in Folge bösartiger Erkrankungen auftritt, ist der primäre Hyperparathyreoidismus mit über 30% die zweithäufigste Ursache eines erhöhten Serumkalziumspiegels bei Patienten im Krankenhaus.
Laborchemische Untersuchung, klinische Symptomatik:
Eine Erhöhung des Serum-Kalziums (> 2,6 mmol/I = 5,2 mval/I = 10,5 mg/dl bei normaler Nierenfunktion und normalem Gesamteiweiß), durch mindestens 3 Bestimmungen an verschiedenen Tagen gesichert, und eine Erhöhung des Parathormonspiegels im Serum (radioimmunologische Bestimmung von Intakt-Parathormon) sprechen mit über 95%iger Wahrscheinlichkeit für einen primären Hyperparathyreoidismus und damit dem Vorliegen eines Nebenschilddrüsenadenoms. Der Parathormon-Spiegel sollte zusammen mit den Serumwerten von Kalzium, anorganischem Phosphat und Kreatinin bestimmt und beurteilt werden. Bei der Interpretation des Serumkalziums sind Schwankungen des Serum-Eiweißspiegels zu beachten.
In sehr seltenen Fällen gibt es ein Nebenschilddrüsenadenom mit einem normalen Parathormon-Spiegel und mit einem normalen Serumkalziumspiegel. Es kann aber ebenso sein, dass auch in seltenen Fällen ein Nebenschilddrüsenadenom einen Parathormon-Spiegel im oberen Normbereich verursacht, in dessen Folge einen erhöhten Kalziumspiegel.
Neben Verläufen mit Nierensteinen, Knochenskelettveränderungen, Magen- Darmbeschwerden oder auch lebensbedrohlicher Krise bei extremem Anstieg des Kalziumspiegels im Blutserum werden immer mehr Patienten mit weniger ausgeprägten Symptomen beobachtet. Fehlt abgesehen vom laborchemischen Befund (Hyperkalzämie, erhöhter PTH-Spiegel) jegliche Symptomatik an anderen Organen, fühlt sich der Patient völlig gesund, liegt ein asymptomatischer primärer Hyperparathyreoidismus vor.
Operationsempfehlung:
Der primäre Hyperparathyreoidismus wird durch eine operative Entfernung der vergrößerten Nebenschilddrüse geheilt. Es soll operiert werden, wenn die Erkrankung durch die Laborwerte erhöhter Kalziumserumspiegel und / oder erhöhter Parathormon-Spiegel nachgewiesen ist. Bei asymptomatischem primären Hyperparathyreoidismus und gering erhöhtem Serumkalzium (< 2,85 mmol/I) kann unter der Voraussetzung regelmäßiger Kontrolluntersuchungen zunächst abgewartet werden. Während dieser Zeit muss der Patient reichlich Flüssigkeit zu sich nehmen, damit sich keine Kalkablagerungen in den Nieren bilden. Eine übermäßige Kalziumzufuhr über die Ernährung sowie die Gabe von Digitalis- und Thiaziddiuretika (eine bestimmte Stoffklasse von wassertreibenden Medikamenten) sind zu vermeiden. Liegt das Serumkalzium über 3,2 mmol/l, sollte der Wert bis zur Operation medikamentös gesenkt werden (gesteigerte Entwässerung durch Medikamente, Bisphosphonate).
Im Rahmen des Gespräches vor der Operation muss der Patient unter anderem über die Möglichkeit einer Stimmbandnervenlähmung mit folgender vorübergehender oder auch bleibender Heiserkeit, bleibende Nebenschilddrüsenunterfunktion oder anhaltende oder wiederkehrende Nebenschilddrüsenüberfunktion aufgeklärt werden.
Der Patient muss wissen, dass man unter Umständen alle möglichen Lageorte der Nebenschilddrüsen während der Operation freipräparieren muss, bis man die vergrößerte Nebenschilddrüse findet, dass man aber auch in seltenen Fällen die kranke Nebenschilddrüse vergebens sucht und die Operation unverrichteter Dinge beenden muss. Bei schweren Stoffwechselstörungen kann man dem Patienten nicht versprechen, dass sich nach einer an sich erfolgreichen Operation alle Krankheitssymptome wieder vollständig zurückbilden.
Findet man eine veränderte Schilddrüse (Knoten, Zysten, diffuse Vergrößerung), wird diese in der gleichen Narkose ebenfalls operiert, das heißt, mehr oder weniger weitgehend entfernt. Dann müssen eventuell lebenslang täglich Schilddrüsenhormone (Thyroxin) in Tablettenform eingenommen werden.
Weiterführende Diagnostik vor der Operation des Nebenschilddrüsenadenoms:
Vor der Operation werden nochmals die wichtigen Laborwerte überprüft (Kalzium, intaktes Parathormon, Kreatinin, Gesamteiweiß, anorganisches Phosphat, Chlorid, alkalische Phosphatase), eine Ultraschalluntersuchung des Halses durchgeführt, um nochmals die Lage des Nebenschilddrüsenadenoms zu überprüfen (gelingt per Ultraschall aber nicht immer, besonders bei kleinen Adenomen) und um eventuelle Schilddrüsenveränderungen (Zysten, Knoten, Vergrößerungen) zu dokumentieren, so dass die dann erforderliche Schilddrüsenoperation zugleich mit der Nebenschilddrüsenoperation geplant und durchgeführt werden kann.
Wenn das Nebenschilddrüsenadenom nicht gefunden wird, wäre als zusätzliche Diagnostik eine Kernspintomographie des Halses und eine spezielle Nebenschilddrüsenszintigraphie (Injektion einer schwach radioaktiven Markierungssubstanz = Sestamibi Scan).
Außerdem besteht auch die Möglichkeit, Blut rechts oder links aus den Halsblutgefäßen zu entnehmen, und dort den Parathormongehalt zu bestimmen. Auf der Seite mit dem höheren Wert müsste sich dann das Nebenschilddrüsenadenom befinden.
Operationsverfahren:
War man vor der Operation nicht in der Lage, den Ort der vergrößerten Nebenschilddrüse exakt zu dokumentieren, oder besteht der Verdacht, dass mehr als eine Nebenschilddrüse verändert ist, muss man operativ alle anatomisch möglichen normalen und anormalen Stellen genau freipräparieren und absuchen. Hierbei kann es nötig sein, die Gefäßscheiden um die Halsschlagadern, oder die Region bis weit hinter die Luftröhre zu präparieren, oder vom Hals aus Teile der Thymusdrüse (die sogenannte zervikale Thymektomie ist erforderlich bei jeder Mehrdrüsenerkrankung) zu entfernen. In extrem seltenen Fällen muss man sogar das Brustbein eröffnen, um so weit verlagerte Nebenschilddrüsen zu erreichen. Diesen erweiterten Eingriff sollte man jedoch nicht ohne einen nochmaligen Versuch einer Lagediagnostik unternehmen.
Das entfernte Gewebe kann man noch während der Operation vom Pathologen feingeweblich als sogenannte Schnellschnittuntersuchung unter dem Mikroskop untersuchen lassen. Damit erfährt man relativ zuverlässig, ob das Nebenschilddrüsenadenom erfolgreich entfernt ist.
Eine weitere Methode besteht darin, noch unter der Operation den Parathormongehalt im Blut vom Labor als Schnelltest bestimmen zu lassen. Hat man das für den hohen Parathormon-Spiegel verantwortliche Adenom erwischt, fällt der Parathormon-Spiegel im Blutserum sofort um mehr als 50 % ab.
Dass krankhaft verändertes Schilddrüsengewebe in gleicher Narkose ebenfalls entfernt wird, wurde oben bereits erwähnt.
Mehrdrüsenerkrankung:
Sind alle vier Nebenschilddrüsen krankhaft verändert und vergrößert, wie es insbesondere bei familiär gehäuft auftretendem primären Hyperparathyreoidismus auftreten kann, oder auch bei Tumorerkrankungen (MEN 1 und MEN 2), auf die im Folgenden noch näher eingegangen werden wird, so werden 3 ½ Nebenschilddrüsen entfernt. Die halbe Nebenschilddrüse sollte gut durchblutet sein, sie wird mit einem Kunststofffaden oder einem Metallclip markiert, so dass man sie bei einer eventuell erforderlichen Nachoperation im vernarbten Gewebe leichter wiederfindet. Eine andere Möglichkeit besteht darin, alle vier vergrößerten Nebenschilddrüsen zu entfernen und kleine Nebenschilddrüsengewebspartikel an markierter Stelle zu implantieren (sogenannte heterotope Autotransplantation), z.B. im Bereich der Beugemuskulatur des linken Unterarmes, wenn der Patient Rechtshänder ist oder umgekehrt.
Sicherheitshalber kann man Schilddrüsengewebe auch tiefgefrieren und später implantieren, wenn man befürchtet, dass im Verlauf noch eine Unterfunktion eintreten könnte.
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Nebenschilddrüsenkarzinom
Die bösartige Veränderung eines Nebenschilddrüsenadenoms wird oft erst in der normalen feingeweblichen Untersuchung des Nebenschilddrüsengewebes vom Pathologen am Tag nach der Operation festgestellt. Während der Operation ist ein Adenom verdächtig, wenn es sich schlecht aus seiner Umgebung herauslösen lässt, sondern sehr verklebt und verbacken ist. Wurde in diesem Bereich bereits schon einmal operiert, gilt dieses Kriterium wegen der Vernarbungen nicht.
Sowohl beim dringenden Verdacht auf einen bösartigen Tumor als auch beim Nachweis eines bösartigen Tumors muss eine ausgedehnte Operation durchgeführt werden, damit nicht kleinste Tumorreste übersehen werden und die Geschwulst nach einiger Zeit nicht wiederkommt.
Die gleichseitige Schilddrüse wird komplett mitentfernt, das Lymphgewebe an den Blutgefäßscheiden ebenfalls. Sind Lymphknoten der Region von Tumorgewebe befallen, wird über einen größeren längsverlaufenden seitlichen Halsschnitt alles Lymphgewebe dieser Halsseite entfernt.
Anhaltender (persistierender) oder wiederkehrender (rezidivierender) primärer Hyperparathyreoidismus
Kommt es innerhalb von 6 Monaten nach der Operation zu keiner Normalisierung der Nebenschilddrüsenüberfunktion oder wird nach kurzfristigem Absinken ein erneuter Anstieg des Serum-Kalziumspiegels in den krankhaften Bereich nachgewiesen, liegt ein anhaltender primärer Hyperparathyreoidismus, wenn dies nach 6 Monaten auftritt, ein wiederkehrender primärer Hyperparathyreoidismus vor.
Der Grund dafür ist meist darin zu sehen, dass der Chirurg entweder die krankhaft veränderte Nebenschilddrüse bei der Erstoperation nicht gefunden hat, oder dass er eine Mehrdrüsenerkrankung übersehen hat. Letzteres heißt, es bestehen zusätzlich zu dem entfernten Adenom leider noch weitere.
In seltenen Fällen liegt eine fünfte Nebenschilddrüse vor, die dann auch noch krankhaft vergrößert sein muss. Diese übersieht man, wenn man während der ersten Operation vier Nebenschilddrüsen gefunden hat, weil man dann nicht weiter sucht.
In allen beschriebenen Fällen muss man vor einer erneuten Operation nochmals die Ausgangsuntersuchungen auch in Bezug der Lagebestimmung durchführen lassen.
Eine amerikanische Studie über 6331 Patienten mit primärem Hyperparathyreoidismus aus den Jahren 1987 - 1997 beschreibt die Anzahl der Adenome (Nebenschilddrüsenvergrößerungen)
· 87 % = eine vergößerte überaktive Drüse (einzelnes Adenom)
· 9 % = vier vergößerte überaktive Drüsen (vier Drüsen Hyperplasie)
· 3 % = zwei oder drei große Drüsen (multiple Adenome)
· <1 % = Nebenschilddrüsenkrebs (sehr selten!!)
März 1998 in Journal of the American College of Surgeons
Nachbehandlung und Nachuntersuchungen
Nach der Entfernung der überfunktionierenden Nebenschilddrüse (insbesondere bei großen Adenomen) sind die Knochen hohe Kalziumkonzentrationen im Serum gewöhnt und lagern weiter reichlich Kalzium ein, da ja immer genug davon im Überfluss vorhanden war. Nun fährt das Knochenskelett zunächst mit dieser Angewohnheit fort, so dass es nach der Operation nicht selten zu einem vorübergehenden Abfall der Kalziumionen - Konzentration unter den normalen Bereich kommt. Zur Behandlung reicht es normalerweise aus, regelmäßig Kalziumbrausetabletten einzunehmen, eventuell in Kombination mit Vitamin D Dragees. Der erreichte Kalziumspiegel sollte jedoch den unteren Normbereich nicht übersteigen, damit zum einen die Nebenschilddrüsen wieder ihre Funktion aufnehmen, zum anderen eine Ausbildung von kalziumhaltigen Nierensteinen oder eine völlige Nierenverkalkung verhindert wird.
Zumindest einmal nach der Operation sollte der Parathormon-Spiegel im Serum bestimmt werden, bei anhaltend erniedrigen Werten muss eine dauernde medikamentöse Therapie durchgeführt werden, wenn nicht Nebenschilddrüsengewebe zur Transplantation verwahrt und eingefroren wurde.
Die Stimmbandfunktion sollte registriert werden, bei gleichzeitiger Schilddrüsenoperation ist eine entsprechende Nachkontrolle und Schilddrüsenhormongabe (Thyroxin) erforderlich.
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Sekundärer Hyperparathyreoidismus oder renale Osteodystrophie, (renale Rachitis)
Hier handelt es sich um eine chronische, wahrscheinlich erbliche Störung, charakterisiert durch Nierenfunktionsstörung, Verlust an Knochenmineralien und rachitistypischen Veränderungen, Kalziumablagerungen an abnormalen Stellen und um eine Überaktivität der Nebenschilddrüsen, die versuchen, die Folgen der Nierenunterfunktion auszugleichen.
Wegen der Nierenfunktionsstörung kommt es zu einem Kalziumverlust und einer Phosphatretention (Phosphateinspeicherung). Dies führt zu einer Überproduktion von Parathormon, welches in der Demineralisation des bestehenden Knochens resultiert und in der Unfähigkeit, neu gebildeten Knochen zu kalzifizieren.
Dabei vergrößern sich die Nebenschilddrüsen infolge ihrer ständig gesteigerten Sekretionsleistung an Parathormon. Hier sind im Prinzip alle Nebenschilddrüsen betroffen, nicht nur eine wie beim primären Hyperparathyreoidismus.
Die Knochenanormalitäten entwickeln sich langsamer als die Nierenfunktionsstörung: bei einer sehr schweren Nierenfunktionsstörung, kann es zu einem frühen Tod im Kindesalter kommen, bevor die Skelettabnormalitäten zum Tragen kommen.
Ist die Nierenfunktionsstörung nicht so ausgeprägt, kann Zwergwuchs auftreten, oder es kann zu häufigen Knochenbrüchen im Kindesalter kommen, während es bei Erwachsenen zu einer allmählichen Knochenerweichung und Knochenverbiegung kommt.
Die Behandlung dieser Störung hängt vom Status der chemischen Balance des Patienten ab. In manchen Fällen mit sehr schwerer Nierenfunktionsstörung erwies sich eine Nierentransplantation als erfolgreich, ebenso kann manchmal eine Entfernung der fehlfunktionierenden Nebenschilddrüsen in der Kontrolle der Symptome erfolgreich sein.
Nicht operative (konservative) Therapie
Hiermit soll die Konzentration des Kalziums im Blutserum in den Normbereich angehoben werden, das geschieht, indem man Kalzium und Vitamin D zuführt und versucht Phosphat einszuschränken (phosphatarme Diät, Phosphatbinder), darunter sollte der Wert des Serumparathormons auf gering erhöhte Werte abfallen.
Operative Therapie
Läßt sich die erhöhte Kalziumionenkonzentration im Blutserum durch konservative Maßnahmen nicht behandeln, treten außerhalb des Knochengewebes Verkalkungen auf, ist das Parathormon stark erhöht (bis auf das zehnfache der Norm), wird die Knochensubstanz wie bei Rachitis verändert (Kalk durch Bindegewebe ersetzt), treten Knochenbrüche spontan ohne Unfall auf, bestehen starke Knochenschmerzen, sind die Nebenschilddrüsen in der Ultraschalldiagnostik deutlich vergrößert, sollte man eine operative Behandlung durchführen.
Üblicherweise wird zur Dokumentation einer Knochensubstanzveränderung als zusätzliche Untersuchung eine Röntgenaufnahme beider Hände durchgeführt.
Die Operationsvorbereitung, die Untersuchungsverfahren vor der Operation und die operativen Risiken unterscheiden sich wenig oder nicht von denen beim primären Hyperparathyreoidismus (nach Lietraturangaben soll es in bis zu 5 % der Fälle zu Wundheilungsstörungen, Nachblutungen, Heiserkeit kommen können, das erscheint aber sehr hoch gegriffen).
Die Operation beim Dialysepatienten erfolgt normalerweise an einem dialysefreien Tag.
Das Ziel der Operation ist ein normaler Serumkalziumgehalt unter Vitamin D Gabe. Hierzu darf also keine völlige Entfernung der vergrößerten Nebenschilddrüsen durchgeführt werden, sondern man läßt entweder einen kleinen Anteil Nebenschilddrüsengewebe zurück, oder führt wie oben beschrieben eine Autotransplantation (eventuell auch von verwahrtem tiefgefrorenen Gewebe) von kleinen nicht knotig veränderten Nebenschilddrüsengewebeanteilen z.B. in die Unterarmmuskulatur durch.
Das letztere Verfahren hat den Nachteil, dass es unter Umständen eine Weile dauert, bis die transplantierten Gewebe ihre Funktion wieder aufnehem und so lange der Kalziumserumspiegel zu weit abfällt, so dass medikamentös gegengesteuert werden muss (Kalziumzufuhr). Der Vorteil dieser Autotransplantation ist jedoch, dass nicht erneut am Hals operiert werden muss, wenn es im Laufe der Zeit bei fortbestehender Nierenfunktinsstörung erneut zu einer Überfunktion des Autotransplantates und zu seiner Vergrößerung kommt. In einem solchen Fall kann man relativ bequem am Unterarm nachoperieren.
Nachbehandlung und Nachuntersuchungen entsprechen den oben unter der primären Nebenschilddrüsenhyperlpasie besprochenen.
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Nebenschilddrüsenveränderungen bei multipler endokriner Neoplasie Typ 1 (MEN 1)
Eine MEN 1 (multiple endokrine Neoplasie Typ 1) besteht wie die MEN 2 aus mehreren hormonbildenden Tumoren, wobei bei der MEN 1 kein bösartiger Tumor beteiligt sein muss.
Die Erkrankung wird durch ein inzwischen bekanntes Gen vererbt.
Die multiple endokrine Neoplasie vom Typ 1 ist durch das Auftreten von fast immer gutartigen Tumoren der Nebenschilddrüsen, der Hirnanhangsdrüse und Anteile der Bauchspeicheldrüse gekennzeichnet, welche Hormone produzieren. Die Bauchspeicheldrüsentumore können bösartig sein oder im Verlauf der Erkrankung bösartig werden.
In seltenen Fällen treten bei der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1 auch Geschwülste der Nebenniere, des Thymus, der Bronchien und des Magen-/Darmsystems sowie der Haut (Lipome = Fettgewebstumoren) auf.
Jeder einzelne dieser Tumoren kann in der Bevölkerung auch unabhängig vom MEN 1 Symptomenkomplex auftreten. Das gleichzeitige oder zeitlich getrennte Auftreten von zwei der genannten gutartigen oder auch bösartigen Geschwulste bei einer Person begründet den Verdacht auf die Diagnose MEN 1.
Wenn die Krankheit bei einem oder mehreren Familienmitgliedern bereits festgestellt wurde, gilt bei den Angehörigen bereits die Entwicklung eines einzelnen endokrinen Tumors als Anzeichen für MEN 1. Der Erbgang bei MEN 1 ist autosomal dominant, d.h. ein erkrankter Elternteil vererbt die Krankheit, statistisch gesehen, an die Hälfte seiner Kinder. MEN 1 kann auch in nicht erblicher, sogenannter sporadischer Form auftreten. In der Gesamtbevölkerung kommt MEN 1 bei 1 - 10 von 100.000 Personen vor.
Im Laufe des Lebens entwickeln etwa 90% der MEN 1 Patienten eine Überfunktion der Nebenschilddrüse, sie ist somit das am häufigsten betroffene Organ bei der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1.
Symptome
Eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen wird - wie zuvor ausführlich beschrieben - auch als primärer Hyperparathyreoidismus bezeichnet. In einer oder in mehreren Nebenschilddrüsen sind einzelne oder mehrere Knoten entstanden (sogenannte Adenome oder eine Hyperplasie). Diese Knoten haben eine hohe Stoffwechselaktivität, sie bilden große Mengen an Parathormon.
Die bekannten Symptome entstehen, der Serumziumspiegel wird durch Freisetzung von Kalzium aus dem Knochen erhöht, das überschüssige Kalzium muß über die Nieren ausgeschieden werden. Charakteristischerweise sind also sowohl der Kalziumspiegel im Blut als auch die Kalziumausscheidung im Urin erhöht. Parathormon ist im Blut in erhöhter Konzentration nachzuweisen. Der Patient bemerkt von diesen Veränderungen oft lange Zeit überhaupt nichts. Häufig wird zufällig im Rahmen einer Blutuntersuchung ein erhöhter Kalziumwert festgestellt. Erst im Laufe von Jahren kommt es zur Ausbildung von Krankheitszeichen. Dabei finden sich eher uncharakteristische Beschwerden, die vielerlei Ursachen haben können, wie Depressionen, Müdigkeit und Abgeschlagenheit , chronische Verstopfung, Nierensteine, Knochen- und Gelenkschmerzen, Magenschleimhautentzündungen und Magengeschwüre, Bauchspeicheldrüsenentzündung.
Untersuchungen und Therapie bei MEN 1
MEN 1 Patienten und ihre MEN 1 Gen tragenden Familienangehörigen werden ab dem frühen Jugendalter regelmäßig untersucht, um ein eventuelles Auftreten von hormonproduzierenden Tumoren der endokrinen Drüsen frühzeitig festzustellen (Blut-, Urinuntersuchungen, Ultraschall und andere).
So können schwere Erkrankungen meist verhindert werden.
Nebenschilddrüse: Kalzium und Parathormon im Blut, Kalzium im Urin
Hirnanhangsdrüse (Hypophyse): Prolaktin, Wachstumshormon (GH und IGF-1), ACTH und Cortisol im Blut (evtl. zusätzlich Funktionstests)
Bauchspeicheldrüse und andere Organe: Glukose, Insulin, Proinsulin, Gastrin, Glukagon, Pankreatisches Polypeptid (PP), Vasoaktives intestinales Peptid (VIP), Calcitonin im Blut, Mahlzeitstimulationstest (Gastrin- und PP- Messung), Cortisol, Serotonin und Chromogranin A im Blut, 5 - Hydroxyindolessigsäure (5 - HIAA) im Urin, (evtl. zusätzlich Funktionstests)
Weitere Untersuchungen wie Kernspintomographie, Computertomographie, Röntgen, endoskopischer Ultraschall, Magen-, Darmspiegelungen, szintigraphische Spezialuntersuchungen können sich anschließen.
Die konservative und operative Therapie der Nebenschilddrüsenhyperplasie wurde bereits oben ausführlich beschrieben, die weiteren Organmanifestationen können zum Teil sehr gut medikamentös behandelt werden, oft ist aber auch eine operative Therapie nötig.
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Nebenschilddrüsenveränderungen bei multipler endokriner Neoplasie Typ 2 (MEN 2)
Eine MEN 2 (multiple endokrine Neoplasie Typ 2) besteht wie die MEN 1 aus mehreren hormonbildenden Tumoren, wobei per Definition immer ein bösartiger Schilddrüsentumor vom medullärenTyp vorhanden ist. Diese Schilddrüsentumorart ist gekennzeichnet durch ein bösartiges Wachstum der sogenannten C- Zellen der Schilddrüse, das ist die Zellart der Schilddrüse, die Calcitonin produziert. So kann man durch einen erhöhten Kalzitoninspiegel im Blutserum auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom schließen.
Es hat die Besonderheit, dass es als erblicher Tumor vorkommt und dass man heute bereits die Chromosomenänderung, die zu seinem Auftreten führt, kennt. Man kann also bei Familienangehörigen betroffener Patienten Familienuntersuchungen durchführen (Schilddrüsensonographien, Calzitoninbestimmungen, Pentagstrintest, Chromosomenanalysen) und so einerseits Tumoren rechtzeitig finden, andererseits auch eine humangenetische Beratung durchführen
Die Nebenschilddrüsen sind auch deswegen bei dem medullären Schilddrüsentumor wichtig, weil sie bei seiner Behandlung, die praktisch immer eine operative Behandlung ist, es zu einer Schädigung der Nebenschilddrüsen mit einer folgenden Tetanie (Absinken des Kalziumspiegels mit Mukelkrämpfen) kommen kann.
Nun ist ein medulläres Schilddrüsenkarzinom aber erst dann eine MEN 2, wenn zumindest zusätzlich ein überfunktionierendes gutartige Nebenschilddrüsenadenom und / oder ein überfunktionierender gutartiger Nebennierenmarktumor (sogenanntes Phäochromozytom, produziert im Überschuss Adrenalin und Noradrenalin) hinzukommt.
Die Nebennierenmarkhormone Adrenalin und Noradrenalin erhöhen den Blutdruck, die Verfügbarkeit von Zucker im Blut als Energiequelle und steigern die Pumpfunktion des Herzens. Ist das Nebennierenmark entfernt, können andere Drüsengewebe im Körper diese Funktion übernehmen.
Die Symptome eines überfunktionierenden Nebenschilddrüsenadenoms (eines gutarigen Nebenschilddrüsentumors) wie vermehrtes Ausscheiden von Kalzium über die Niere mit der Ausbildung von Nierensteinen, Knochenerweichung, bei sehr hohen Kalziumwerten Gehirnschäden bis zu Koma und die operative Behandlung der Nebenschilddrüsenüberfunktion wurden bereits oben (primarer Hyperparathyreoidismus) ausführlich erläutert.
Meist ist bei Patienten mit MEN 2 mehr als eine Nebenschilddrüse vergrößert. Die Entscheidung, wieviel Nebenschilddrüsengewebe entfernt werden sollte, muss vom Chirurgen während der Operation gefällt werden, da es vor der Operation schwierig ist, das Ausmaß der Nebenschilddrüsenerkrankung festzustellen.
Fortschritte in der Diagnostik und Behandlung des familiären medullären Schilddrüsenkarzinoms im Verlauf des letzten Jahrzehnts haben dazu geführt, dass ein sehr hoher Anteil der betroffenen Familienmitglieder, die frühzeitig und regelmäßig untersucht werden und deshalb auch frühzeitig behandelt werden können, vom medullären Schilddrüsenkarzinom geheilt oder vor einem Karzinom bewahrt werden können.
Ähnlich kann durch eine regelmäßige Untersuchung und Verlaufkontrolle der gefährdeten Patienten und Familienangehörigen die Behandlung der Nebennieren- und Nebenschilddrüsentumoren frühzeitig erfolgen, dadurch können schwerwiegende Probleme durch diese Tumore vermieden werden.
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Minimal invasive Nebenschilddrüsenoperation MIRP mit intraoperativem Radionuklidmarker (Sestamibi Scan)
Die Methode wurde 1996 entwickelt und kann möglicherweise eine Alternative zur konventionellen offenen Operation werden.
Wie zuvor ausgeführt haben etwa 90 % der Patienten mit einer Nebenschilddrüsenüberfunktion nur eine erkrankte Nebenschilddrüse, die entfernt werden muss, und bei diesen Patienten böte sich ein minimalinvasiver Eingriff an, wenn es sicher gelingt, die Lage der vergrößerten Nebenschilddrüse zu indentifizieren.
Der Trick ist, dass die überaktive Nebenschilddrüse ein ganz schwach radioaktives Medikament, welches vor der Operation in die Vene gegeben wird, aufnimmt (Sestamibi Scan). Während der Operation kann mit einem kleinen stiftförmigen Detektor diese radioaktive Nebenschildrüse exakt lokalisiert und in minimalinvasiver Technik entfernt werden (Schlüsselloch-Chirurgie: kleinste Hautschnitte, Operation unter der Köperoberfläche mit speziellen Instrumenten und Optiken, ohne dass die zu operierende Region über einen Hautschnitt freigelegt werden muss).
Abb.: Lage der Nebenschilddrüsen hinter der Schilddrüse luftröhrennah (Ansicht vom Rücken aus)
Die Schilddrüse liegt in der unteren Halspartie vor dem Kehlkopf und der Luftröhre, direkt unter der Haut.
Sie hat eine schmetterlingsähnliche Form mit zwei Seitenlappen und eine maximale Länge von ca. 5 cm.
Die 4 Nebenschilddrüsen sind ca. erbsengroß und liegen jeweils oben und unten hinten an der Schilddrüse.
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